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Weltanschauliches Propagandainstrument

Völkischer Beobachter (1920-1945)

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"Hindenburg ruft die Nation", Titelseite vom 12./13. November 1933.
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Adolf Hitler über den "Völkischen Beobachter", 16./17. Februar 1930.
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"Führerbotschaft an Volk und Welt", 21. Februar 1938.

Publikationsorgan des Monats: „Völkischer Beobachter“ (1920-1945)

In einem am 16./17. Februar 1930 im „Völkischen Beobachter“ erschienen Artikel schrieb Adolf Hitler, der „Name ‚Völkischer Beobachter‘“ sei „zu einem Programm für sich geworden. Von einer ganzen Welt von Feinden befehdet […], hat unser Zentralorgan zehn- und abermals zehntausenden von Kämpfern die geistigen Grundkenntnisse und Grundlagen vermittelt, die das Wesen unserer heutigen nationalsozialistischen Auffassungen ausmachen.“ Tatsächlich war die Auflage des Blattes von 7.000 im Jahre 1920 auf 40.000 im Jahre 1930 gestiegen und sollte gegen Ende der nationalsozialistischen Herrschaft 1944 schließlich bis zu 1,7 Millionen Leser je Ausgabe erreichen. Die Kernfunktion des „Völkischen Beobachters“ blieb von seiner Rolle als Münchener Parteizeitung in den frühen Jahren der nationalsozialistischen Bewegung bis zum offiziellen politischen Massenblatt des NS-Regimes indes gleich: Als wichtigster publizistischer Arm des Propagandaapparats der Partei zielte er auf eine breite Mobilisierung und ideologische Tiefendurchdringung der Gesellschaft im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung.

Für 120.000 Papiermark übernahm die NSDAP im Dezember 1920 den „Völkischen Beobachter“ von der völkisch-antisemitischen „Thule“-Bewegung. Rasch baute sie das Blatt zum parteieigenen Sprachrohr aus, das in seiner angedachten Funktion „als ununterbrochener Mahner des völkischen Gewissens“ (so Hitler in einem programmatischen Beitrag 1921) gegen einen angeblichen jüdisch-kapitalistischen Internationalismus und die junge Weimarer Demokratie polemisierte. Neben der rassistischen Hetze gegen Juden und scharfen Diffamierung des Parlamentarismus warb die Zeitung für Parteiversammlungen und Vorträge, publizierte Parteirichtlinien und druckte Reden und Leitartikel Hitlers, der auch nach seiner Zeit als ständiger Mitarbeiter des „Völkischen Beobachters“ die Redaktionsarbeit im Blick behielt. Die propagandistische Frühphase des Blatts prägten außerdem zwei enge Gefolgsleute Hitlers, die in der Folgezeit Karriere im nationalsozialistischen Regime machen sollten: Während Max Amann, der 1922 zum Reichsleiter für Presse und 1933 zum Präsident der Reichspressekammer ernannt wurde, die Zeitung seit 1921 geschäftsführend leitete, übernahm Alfred Rosenberg, der spätere Leiter des „Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete“, ab 1923 die Hauptschriftleitung der Redaktion und forcierte die rassentheoretische Fundierung des Blatts. Nach dem Hitler-Putsch im November 1923 blieb der „Völkische Beobachter“ aber zunächst bis 1925 verboten.

Mit der Wiederaufnahme seines Erscheinens im Jahre 1925 erfuhr der „Völkische Beobachter“ einen steten Ausbau seines publizistischen Wirkkreises, der mit dem wachsenden Erfolg der NSDAP in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren sowie mit der Etablierung des nationalsozialistischen Regimes 1933 zusammenhing. Die bisherige, sechsmal wöchentlich erscheinende Bayernausgabe wurde 1927 um eine Reichsausgabe erweitert, 1932 kamen eine Berliner und eine norddeutsche Ausgabe hinzu. Im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an das Reich wurde 1938 zudem eine österreichische Ausgabe ins Leben gerufen, wobei der „Völkische Beobachter“ im Kontext des Zweiten Weltkriegs schließlich noch um eine „Feldpostausgabe“ ergänzt wurde. Als offizielle Parteizeitung erfuhr das Blatt nach 1933 jedoch auch eine partielle Neuausrichtung, indem es den Lesegewohnheiten der rasant wachsenden Zahl neuer NSDAP-Mitglieder entgegenkam. Um den Charakter umfangreich informierender, mit vielen Ressorts besetzter Tageszeitungen anzunehmen, erweiterte der „Völkische Beobachter“ sukzessive seine Themenfelder. Dabei wurde die neue Berichterstattung über Wirtschaft, Handel, Außenpolitik, Kultur, Gesellschaft und Sport mit weltanschaulichen Diskursen verflochten, die eine immer vollständigere ideologische Erfassung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche ermöglichten.

Ganz bewusst pflegte die Redaktion des „Völkischen Beobachters“ typographische Besonderheiten. Um sich von der „demokratisch“ verfemten Presse der Weimarer Republik abzugrenzen und die Mobilisierung des Lesers zu erzielen, setzte sie auf Schwarz-Rot-Drucke, abgestufte Druckstärken und fett prangende Schlagzeilen, die mit ihrer zu der Zeit bereits außer Mode gekommenen Frakturschrift unverkennbar nationale Gesinnung propagieren sollten. Überzeugt von ihren Propagandapotentialen fanden sich seit 1926 vermehrt auch Photographien von Aufmärschen, Wahlkampfauftritten und Parteikundgebungen auf dem Titelblatt des Parteiorgans wieder, wobei ihre perspektivische Ausrichtung Hitler in den Vordergrund vermeintlich großer Teilnehmermassen rückte. Die Bilder sollten neben den angeblichen Erfolgen der nationalsozialistischen Bewegung deren Omnipräsenz und Unmittelbarkeit evozieren und als medialer Transmissionsriemen zwischen dem „Führer“ und der nationalsozialistischen „Gesinnungsgemeinschaft“ dienen.

In der Arbeitsstelle für Geschichte der Publizistik liegt der „Völkische Beobachter“ für seinen Erscheinungszeitraum von Januar 1921 bis zu seinem vorübergehenden Verbot im November 1923 sowie von 1925 bis 1945 vollständig als Mikrofilm vor. Die Zeitung ist nicht nur eine herausragende Quelle für die weltanschauliche Formierung und Entwicklung des Nationalsozialismus von seiner Frühphase bis zum Ende der NS-Diktatur, sondern als vorrangiges publizistisches Kommunikationsmedium der NSDAP zugleich wichtiger Untersuchungsgegenstand für deren Propaganda- und Inszenierungsstrategien. Neben der Erforschung des in den 1920er Jahren entstehenden publizistisch-propagandistischen Netzwerks um zentrale Akteure der NS-Bewegung und deren antisemitische und antidemokratische Weltanschauung lässt sich im unmittelbaren Kontext historischer Ereignisse ein vielfältiges Spektrum von Themenbereichen analysieren – von der Imagination einer völkisch-national gedachten Schicksalsgemeinschaft und der Inszenierung des nationalsozialistischen Führerkults über die Konstruktion nationalsozialistischer Geschlechtsverhältnisse und Körperbilder bis hin zu ideologisch konnotierten Landschafts- und Kulturdiskursen.

Diese Ausgabe des Publikationsorgan des Monats steht hier als Download bereit.

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